Offener Brief An die Organisator_innen der Kampagne „Studierzimmer in Münster“

Münster, 02. Juli 2013

An die Münsteraner Öffentlichkeit
An die Presse und Medien
An das Amt für Ausländerangelegenheiten

Seit einiger Zeit läuft jetzt schon die Kampagne, die zu mehr Solidarität unter den Bürger_innen aufruft und  mit großen bunten Plakaten dafür wirbt, bezahlbaren Wohnraum für Studierende bereit zu stellen. Wir begrüßen diese Kampagne und ihre Motivation. Demnach geht es uns in diesem Brief nicht darum, die Kampagne zu kritisieren, sondern  die Platzierung eines Plakates an der Außenfassade der Ausländerbehörde in Frage zu stellen.

Läuft man am Ludgeri-Kreisel vorbei, ist das grellorangene Plakat mit der Aufschrift „Gastfreundschaft*“, das fast die ganze Fassade bedeckt, nicht zu übersehen. Unserer Meinung nach, ist eine Platzierung genau an diesem Ort mehr als zynisch, denn liest man das Kleingedruckte, wird schnell klar, dass es lediglich um bezahlbaren Wohnraum für Studierende, nicht jedoch um gastfreundlichen Umgang mit Asylbewerber_innen geht. Wird nämlich nur ein flüchtiger Blick auf das Plakat geworfen, bleibt der Eindruck, dass sich die Ausländerbehörde durch diesen Titel schmücken und ihr Image aufpolieren möchte.

Auf der einen Seite propagiert die Stadt Gastfreundschaft, Solidarität und Nachbarschaftshilfe, von der sie aber bewusst bestimmte Leute ausschließt, nämlich die, die sie als „Ausländer“ bezeichnet. Viele in Münster le­bende Menschen werden durch Institutionen, wie die Ausländerbehörde entrechtet, bevormundet, an Bildung und Arbeit gehindert, in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt, von Freund_innen und Familie getrennt und dauerhaft in zermürbender Unsicherheit gehalten. Sie werden zur Ausreise genötigt, mit Abschie­bung bedroht und schließlich auch abgeschoben.

Deswegen fordern wir, dass das Plakat von der Fassade der Ausländerbehörde entfernt wird, da in unseren Augen das Postulat der Gastfreundschaft nicht mit der Politik der Ausländerbehörde einhergeht.

Sicherlich ist der Wohnraummangel in Münster ein Problem für Studierende. Doch sind sie nicht die Einzigen, die von den steigenden Mietpreisen betroffen sind. Insbesondere Asylbewerber_innen werden durch eine Zuweisung von Wohnraum an den äußersten Rändern der Stadt diskriminiert und vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Solidarität und Gastfreundschaft sollte sich demnach nicht auf den „deutschen Nachbarn“ beschränken!

Gruppe grenzfrei

Kontakt: Gruppe grenzfrei, c/o Infoladen krachtz,
Nieberdingsstraße 8, 48155 Münster, grenzfrei@mtmedia.org

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Artikel der Münsterschen Zeitung vom 11.07