An die Münsteraner Öffentlichkeit
An die Presse und Medien
An das Amt für Ausländerangelegenheiten
Mit Entsetzen und Wut mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass ein 18
jähriger Rom aus Münster am Montag, den 05. November 2012 in Abschiebehaft
genommen wurde. Heute, am 08. November wurde er nach Serbien abgeschoben.
Und am kommenden Dienstag, den 13. November 2012 startet vom Düsseldorfer
Flughafen wieder eine Sammelabschiebung nach Belgrad, die in beschämender
Regelmäßigkeit alle ein bis zwei Monate stattfinden. Bereits von der
letzten Sammelabschiebung nach Serbien am 04. September 2012 war eine
Roma-Familie aus Münster betroffen. Damals wurde die Familie früh morgens
von der Polizei aus dem Bett geklingelt, durfte kurz ein paar wichtige
Sachen zusammenpacken und wurde dann zum Flughafen gebracht. Diesmal wurde
sogar ein junger Mensch in Abschiebehaft genommen, d.h. in ein Gefängnis
gesperrt und der Freiheit beraubt – nur um einen Verwaltungsakt, nämlich
die Abschiebung durchzuführen.
Erst Ende Oktober wurde in Berlin das zentrale Mahnmal für die im
Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Sinti und Roma eingeweiht.
Auch wenn hochrangige Politiker_innen, wie Bundeskanzlerin Merkel u.a.
betonten, dass aus der Vergangenheit eine besondere Verantwortung
resultiere, Sinti und Roma heute vor Diskriminierung und Verfolgung zu
schützen, bleiben dies leere Worte. Die zahlreichen Abschiebungen von Roma
nach Kosovo, Serbien und Mazedonien werden fortgeführt. Gleichzeitig
versucht Bundesinnenminister Friedrich, in rassistischer Weise Stimmung
gegen Roma zu machen, indem er sie als Wirtschaftsflüchtlinge darstellt,
die das Asylrecht missbrauchen. Dass Roma dort unter menschenunwürdigen
Lebensbedingungen leben müssen, ist jedoch kein Zufall. Sie sind eine
Folge der Diskriminierung von Roma. Sie werden ausgegrenzt – vom
Arbeitsmarkt, vom Bildungssystem, vom gesellschaftlichen Leben – weil sie
Roma sind. Es sind daher politische Gründe, wegen derer sie nach
Deutschland kommen. Ihnen sollte Asyl gewährt werden, mindestens aber muss
eine Bleiberechtsregelung her.
Das Amt für Ausländerangelegenheiten in Münster hat auf Asylentscheidungen
und Bleiberechtsreglungen, so betont sie immer, keinen Einfluss.
Gleichwohl trägt sie Mitverantwortung, denn sie führt die Abschiebungen
aus. Dabei obliegt auch ihr und jeden_r einzelnen Mitarbeiter_in die
historische wie menschenrechtliche Verantwortung, Roma vor Diskriminierung
zu schützen. Sie können sich der Verantwortung nicht entledigen, indem sie
sich hinter Anordnungen von oben verstecken. Dass sie nun sogar einen Rom
in Abschiebehaft genommen haben, ist ein Skandal. Wir fordern die
sofortige Aussetzung der Abschiebungen.
Eine Vielzahl von Roma sind von der Abschiebung bedroht. Wir werden keine
einzige Abschiebung einfach hinnehmen, wir werden uns nicht daran
gewöhnen. Die Bevölkerung und Zivilgesellschaft in Münster hat mehrfach
die Forderung nach einem Bleiberecht für Roma unterstützt. Angesichts der
eskalierenden Situation rufen wir die Bevölkerung auf, jetzt zu handeln:
Nehmen Sie an Protestaktionen teil. Beschweren Sie sich bei der
Ausländerbehörde per Telefon, Fax, Mail oder persönlich und fordern den
Stop der Abschiebungen. Sprechen Sie Politiker_innen auf kommunaler,
Landes- und Bundesebene an. Seien Sie kreativ und entschlossen.
Solidarität muss praktisch werden.
Angesichts der drohenden Sammelabschiebung organisiert das Bündnis
‚Münsteraner_innen für ein Bleiberecht der Roma‘ in der Nacht vom 12. auf
den 13. November ein Wachbleiben in der St. Thomas Morus Gemeinde
(Rumphorstviertel, Thomas Morus Weg 13). Münsteraner Roma und ihre
Freund_innen und Unterstützer_innen werden in dieser Nacht nicht schlafen,
sondern gemeinsam in der Kirche verbringen. Jede_r ist ab 20Uhr
eingeladen, an der Nachtwache für ein paar Stunden oder die ganze Nacht
teilzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
antirassistische initiative Münster * Befreiungstheologisches Netzwerk *
Emanzipatorische Antifa Münster * Grenzfrei * Institut für Theologie und
Politik * Münsteraner_innen für ein Bleiberecht der Roma
Kontakt: antirassistische initiative Münster, c/o Infoladen krachtz,
Nieberdingsstraße 8, 48155 Münster, initiative_ms@riseup.net